
Ledfield blicken waren bereits zwei Mal beim Bergisch Metal zu sehen. Die Kölner Hardrocker gibt es bereits seit 2012. Beim Jubel-Jubiläum am 25. Mai nächstes Jahr geben sie erneut den Opener. Ich kenne die Band seit ihrer Gründung und weiß trotzdem nicht viel über diese lange Zeit und was im Hintergrund passiert ist. Zeit ein wenig Licht ins Dunkel zu bringen. Beim heutigen Gespräch sind am Start: Julian/Vocals, Anna/Drums, Stephan/Bass
Ihr hattet soweit ich mich erinnere keine Phasen, in denen ihr jede Woche irgendwo gespielt habt und die Zahl eurer Veröffentlichungen ist überschaubar. Trotzdem habt ihr es immer geschafft, die Truppe zusammenzuhalten. Wie funktioniert eine Band so lange, ohne dass jemand das Handtuch wirft und aussteigt? Da müsste es doch ständig Diskussionen geben, weil mindestens einer höher hinaus will.
Julian: ‚nabend Pete! Eine spannende und berechtigte Frage direkt zum Einstieg. Verdammt, da muss man ja wirklich nachdenken. Der guten Ordnung halber sollte man wohl erwähnen, dass es zumindest 2017/2018 einen Besetzungswechsel am Gesang gab, ich selbst bin also „erst“ seit knapp 6 Jahren dabei. Ansonsten kann man wohl konstatieren, dass sich unsere Band offenbar als Sammelbecken für ältere und desillusionierte Musiker (und Drummerinnen) versteht. „Höher hinaus“ will und muss von uns in der Tat keiner mehr. Wir machen ja alle nicht erst seit gestern in verschiedensten Konstellationen Musik, und – simmermalehrlich – auf die Ochsentour mit alle paar Tage oder Wochen alle Freunde, Familie, Haustiere zum Bandcontest in Buxtehude mitschleppen oder sonstigen üblen Pay-to-play-„Deals“ hat von uns auch keiner mehr so richtig Bock.
Wenn Du ein „Thema“ werden willst, irgendwie angesagt sein willst, dann musst Du verdammt viel investieren. Das kennst Du in Deiner Rolle als Veranstalter ja auch sehr gut. Am besten mehrmals die Woche „Content generieren“ in den ach so wichtigen sozialen Medien, dann aber bitte auch auf allen Plattformen vertreten sein. Am besten bitte auch etwas Kohle in die Hand nehmen und Deine Postings mit Werbung besser plazieren. Und auch dann reihst Du Dich ein in eine nichtendenwollende Schlange von ambitionierten Bands. Du trittst damit automatisch und auch irgendwie ungewollt in so eine Art Konkurrenzkampf, das Buhlen um die Aufmerksamkeit des Publikums, damit sie Dich irgendwo in diesem Ozean von weltweitem Musik-Output wahrnehmen.
Das ist uns mit Verlaub gesagt alles schnurzpiepe. In erster Linie machen wir Musik für uns selbst, das, worauf wir Bock haben. Deswegen machen wir uns auch keinen Druck, soundsoviel Songs pro Jahr rauszuhauen. Wenn gerade das Gefühl, die richtige Idee, das richtige Riff zur richtigen Zeit, rausbricht, dann entwickelt sich der Rest von selbst.
Ansonsten verbindet uns aber, dass wir im Proberaum auch einfach mal ne halbe Stunde über Katzen reden können oder Sebi zwanzig Minuten ohne Pause über die Vorzüge des Bluetoothgekoppelten Kärcher K7 referiert oder wir über wirklich private Dinge reden. Aber zurück zum Thema Output: Da kommen in den nächsten Wochen schon noch ein paar Songs online, die wir jetzt aufgenommen haben und nur noch am Feinschliff arbeiten. Und, um das noch klarzustellen: Bock, auf die Bühne zu gehen und vor Leuten zu spielen, die Lust auf uns haben, haben wir immer! Nur das ganze Drumherum kann halt echt Energie saugen.
Als Vertreter der Ü50-Fraktion und da ich seit Ende der 80er im Geschäft bin, kann ich das alles nur allzu gut verstehen. Demnach gehört es von Anfang zu eurem Konzept, dass ihr das Karriere machen den anderen überlasst und lieber darauf achtet, dass euch der Spaß an der Musik nicht flöten geht?
Stephan: Als ich das erste Mal den Proberaum von Ledfield als neuer Bassist betrat, blickte ich jedenfalls in sehr erleichterte Gesichter, als ich mich outete keine Karriere mehr machen zu wollen.
Anna: Genau, uns war es von Anfang an wichtig, dass wir Spaß am Musik machen haben wollen – und daher haben wir in der Anfangsphase, beim Suchen von neuen Bandmitgliedern von Anfang an klar gestellt, dass die Erwartungen zusammen passen. Sowohl musikalisch, menschlich als auch von den Ambitionen muss es ja alles zusammen harmonieren. Und das funktioniert nun tatsächlich schon sehr lange richtig gut
Julian: Es reicht ja, wenn man auf der Arbeit schon täglich mit Leuten zusammenarbeitet, mit denen man nicht zusammenarbeiten will, und Arbeit tut, die man nicht tun will.
Ich weiß gar nicht, bei welchen Bands ihr alle desillusioniert wurdet. Wollt ihr was darüber erzählen, was ihr vor Ledfield musikalisch getrieben habt?
Julian: Die Desillusion sollte natürlich nicht bedeuten, dass uns die vorherigen Bands konkret runtergezogen hätten. Es geht da eher um das „Business“ das auch um Amateur- und semiprofessionelle Bands herum passiert. Wir sind in ziemlich unterschiedlichen Kapellen unterwegs gewesen…
So meinte ich das auch nicht. Es ist ja nicht so, als würde es immer Rosenkrieg bedeuten, wenn Band und ein oder mehrere Bandmitglieder getrennte Wege gehen. Manchmal braucht es halt was Zeit bis man merkt, dass da was grundsätzlich nicht zusammenpasst.
Julian: Sascha, (der hier heute im Chat nicht dabei ist), war seinerzeit z.B. mit Perzonal War durchaus erfolgreich. Ich mache auch seit über 20 Jahren Musik, war und bin teils auch in etwas metalfremden Gefilden unterwegs.
Stephan: Vielleicht weiß man irgendwann, was man nicht braucht. Ich hatte mit meiner Band „Keegan“ zuvor bis zu 40 Konzerte pro Jahr, hab auf der Bühne hinterm Schlagzeug gepennt, in vollgekotzen Toiletten morgens die Zähne geputzt, um dann wieder Stunden in unserem T3 Bus zu sitzen, um zum nächsten Venue zu tuckern. Das verliert irgendwann seinen Reiz.
Julian: Oha, Rosenkrieg und „grundsätzlich nicht zusammenpassen“ wollen wir bei uns auch auf keinen Fall. Insbesondere nicht bei Anna und Sebi
Anna: Ja, desillusioniert ist vielleicht etwas negativ formuliert, aber wir haben alle verschiedene Erfahrungen gesammelt und gemerkt, dass es schwierig werden kann – wenn die Erwartungen, wo man gemeinsam hinwill nicht übereinstimmen. Das führt dann, wie du zu Anfang gesagt hast, irgendwann zu Unstimmigkeiten, weil nicht jeder in die gleiche Richtung mitgehen möchte. Wir kommen alle aus unterschiedlichen Richtungen, ich bin spiele seit 2002 mit Sebastian zusammen in Bands, wir sind beide aus dem Nu Metal / Grunge geprägt und haben dementsprechend in der Richtung mit unserer Band never (noch aus Schulzeiten) lange gespielt, das waren so die klassischen Auftritte in Jugendkulturcafes, Bandcontests u.s.w., später waren wir noch mit shape my clarity aktiv (die sich später als when stars collide umbenannt haben)
Stephan: Keegan war übriges eine Britpop-Band. Ich komme ursprünglich aber eigentlich eher aus dem Crossover/ Hardcore – 90er Jahre halt….
Anna: Man kann also über uns sagen, aus all unseren Band Erfahrungen (positiv und negativ) haben wir eine Truppe und ein Rezept gefunden das sich bewährt hat – wir gehen jede Woche mit Freude in den Proberaum, und auch wenn es bei uns etwas selten ist, auch gerne auf die Bühne wenn sich die Gelegenheit ergibt, so wie beim Bergisch Metal nächstes Jahr – wir freuen uns da schon richtig drauf.
Julian hat eingangs erwähnt, dass ihr neues Zeug aufgenommen habt. Wieviel Songs sind das und wann und wie habt ihr die Songs komponiert? In welcher Form werden die veröffentlicht?
Julian: Das werden 3 neue Songs, die in den nächsten Wochen rausgehauen werden. Wie zuletzt bei uns üblich ist das komplett DIY. Schön im Proberaum aufgenommen. Die Vocals mit Liebe zu Hause bei mir im Schlafzimmer Sascha ist von Berufswegen Tonmann, insofern weiß er da grundsätzlich schon ganz gut, was er tut. Hinsichtlich der Veröffentlichung: Die üblichen digitalen Kanäle (Spotify, Soundcloud…), also auch für Umme abrufbar. Wobei… jetzt bei dem Vinyl-Trend… Sollen wir mal was auf Schelllack rausbringen??
Anna: Die Kompositionen entsehen meist nach einem ähnlichen Muster: Sebastian oder Sascha schwirrt ein neues Riff oder eine Idee im Kopf herum, dann entwickelt sich daraus ein Ping Pong beim Jammen. Ich setze dann einen ersten Rhytmus drunter, Stephan kapiert erstmal nicht was wir uns da krummes ausgedacht haben – übt es dann und so entsteht ein Grundgerüst einer Idee. Julian packt dann am Ende noch eine hübsche Gesangsidee drüber – und an der Songstruktur wird dann noch gemeinsam gefeilt. Jeder hat seine Aufgabe und das fügt sich immer sehr gut zusammmen. Manchmal geht es recht schnell, und ein Song kann in 1-2 Proben entstehen, wir haben aber auch Songs, die haben einige Monate gebraucht, bis wir die richtigen Idee dazu zusammen hatten und es rund ist, wie z.B. der Song SHTF. Drop That Bomb ist dagegen ein Beispiel für „in einer Probe entstanden“.
Auf Schelllack wäre cool. Da würde irgendein Startup garantiert drauf anspringen und stylische, handgefertigte Grammophone für 2999,- Euro auf den Markt bringen, um die sich die Hipster prügeln würden, um sich so ein Teil zum Eindruck schinden ins Wohnzimmer stellen zu können.
Julian Beschrei es nicht…
Anna: Wir nehmen die Idee mal mit Vielleicht kommen ja auch Kassetten irgendwann wieder – das wäre auch ganz cool.
Julian: Zu spät, das ist schon längst da. Meine Schwester (Jahrgang 76) hat sich vor kurzem einen Walkman gekauft.
Anna: Und mein Bruder hat sich vor einiger Zeit einen Plattenspieler gekauft – also wir sind da an was dran
Julian: Bandkollegen kann man sich aussuchen. Familie leider nicht…
Stephan: Pah, mein Sohn, (16) kauft Musik nur in Vinyl
Halt! Zurück zum Thema. Fassen wir zusammen, dass ihr eure Songs auf die altmodische Art bastelt. Das hätte ich mir bei euch auch nicht anders vorstellen können.
Anna: Genau, das macht auch den Spaß an der Sache für uns aus und hält die Motiviation hoch, also das gemeinsame Komponieren und Musik machen im Proberaum ist uns allen sehr wichtig, einfach eine gute Zeit miteinander haben.
Julian: Joa, so wie die Songs auch klingen. Braucht alles nicht viel Schnickschnack. Es gibt durchaus Bands die mit viel technischem Aufwand auch echt fantastische Ergebnisse erzielen. Unser Ansatz ist da halt etwas… nun ja, erdiger.
Mein Plan ist, dass ich die Musik und die Konzerte mache, bis ich ins ausgedörrte Gras beiße und man mich mit den Füßen voran aus dem Club trägt. Dann wünsche ich mir für uns alle, dass uns der Spaß an der Musik bis zum Ende aller Tage erhalten bleibt und am besten noch allen die nach uns kommen.
Julian: Viel Gras wird dann in der Tat nicht übrig sein, aber der Plan klingt sehr unterstützenswert! Wir wünschen Dir, auch in unserem eigenen Interesse und dem vieler anderer Bands, die mit Dir die Bühne teilen oder auf Deinen Veranstaltungen spielen, dass der Plan aufgeht!